2014 erschien in Polen ein umfangreicher Roman, der sein Lesepublikum auf eine Reise in die polnisch-litauische Geschichte des 18. Jahrhunderts mitnimmt, ohne doch ein historischer Roman im „klassischen“ Sinne zu sein: In den „Jakobsbüchern“ entwirft die spätere Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk ein Panorama jüdischer und nicht-jüdischer Lebenswelten rund um die Figur des charismatischen Häretikers Jakob Frank, das sich nicht nur auf zahlreiche zeitgenössische Quellen, sondern explizit auch auf die Expertise namhafter Forschender, darunter den Historiker Paweł Maciejko, stützt. Tokarczuks Roman gehört somit zu denjenigen Texten, die, in den Worten der US-amerikanischen Germanistin Lynn L. Wolff, „als literarische Texte Geschichte aus einer neuen Perspektive schreiben“. Doch obgleich die Erkenntnis, dass Klio (auch) dichtet, spätestens seit Hayden White niemanden mehr vollkommen überraschen wird, beschäftigt ihr Gegenstück, Kalliope als Geschichtsschreibende, Historikerinnen und Historiker weitaus weniger.
Diese spezifische Dimension der Verflechtung von Literatur und Geschichte nimmt der Workshop in den Blick. Im Mittelpunkt stehen dabei Texte vom 19. bis ins 21. Jahrhundert, die sich mit der jüdischen Geschichte Zentral- und Osteuropas auseinandersetzen, wobei die Grenzen zwischen literarischem Erzählen und „kreativer Geschichtsschreibung“ fließend sind. (Louise Hecht)
23. Jänner 2024
09:00 Uhr
Centrum für Jüdische Studien
Beethovenstraße 21, 8010 Graz
Online-Teilnahme möglich, Anmeldung über Olaf Terpitz und Martina Niedhammer
KONZEPTION UND ORGANISATION: Martina Niedhammer, Olaf Terpitz
KONTAKT: martina.niedhammer(at)collegium-carolinum.de ; olaf.terpitz(at)uni-graz.at