Workshop des Centrums für Jüdische Studien der Universität Graz im Rahmen der Kurt-David-Brühl Gastprofessur
Konzeption: Dr.in Karin Neuburger Twito (Kurt-David-Brühl-Gastprofessorin für Jüdische Studien)
Montag, 10. Juni 2024 | 13.00 Uhr
Bibliothek des CJS | Beethovenstraße 21 | 8010 Graz
Die von Hannah Arendt in den Jahren 1954 bis 1968 geschriebenen und in dem Buch „Between Past and Future“ zusammengefassten Essays weisen auf eine spätestens seit dem Ende der Römischen Republik sich abzeichnende und in der Moderne rapide zunehmende Auflösung des politischen Lebens in den Gesellschaften der westlichen Welt hin, die mit einer in verschiedenen Bereichen des Denkens und Handelns zum Ausdruck kommenden Verdrängung des Bewusstseins von der Bedingtheit menschlichen Lebens einhergeht – einer Bedingtheit, die sich u.a. aus dessen Positionierung zwischen Vergangenheit und Zukunft ergibt.
Man mag sich fragen, in wie weit der Duktus der Essays einer für die Moderne selbst charakteristischen Rhetorik des Untergangs des Abendlandes verpflichtet ist, dem in Arendts Denken allerdings mit höchster Emphase die mit der Geburt eines jeden Menschen gegebene Möglichkeit eines Neuanfangs entgegengesetzt wird, der sich ganz entgegen der modernen Vorstellung von einem autonomen Subjekt in keinster Weise aus sich selbst entwickeln kann, sondern auf die Vergangenheit Bezug nehmen muss, d.h. auf die in der Vergangenheit gewordene, sich jedoch in ständiger Veränderung befindliche „Welt“, in die jeder Neuankömmling qua Erziehung bzw. Bildung („education“) einzuführen ist, und in deren Rahmen dann zukunftsweisendes und als solches politisches, Freiheit zum Ausdruck bringendes Handeln zwar nicht im Wollen, wohl aber aufgrund von Prinzipien möglich sein soll.
Was aber genau ist mit „Welt“ gemeint und wie verhält sich Hannah Arendts Denken zu ihr? Dieser Frage wollen wir in unserem Workshop nachgehen, um so auf dem Hintergrund des von Arendt als unabänderlich dargestellten Bruches mit der Tradition wie auch auf dem Hintergrund der im Zeitalter sozialer Medien und künstlicher Intelligenz zunehmenden Entfernung von den bisher für unüberwindbar gehaltenen Bedingungen menschlichen Lebens erneut den Voraussetzungen und Möglichkeiten politischen Lebens nachzudenken.
Programm
13:00 Uhr: Begrüßung und Einleitung...Karin Neuburger Twito (Graz/Jerusalem)
13:15 Uhr: Zwischen Lessing und Benjamin: Intertextuelle Kontexte zum Welt-Begriff in Between Past and Future...Andree Michaelis-König (Europa-Universität Viadrina)
14:15 Uhr: “Die Obdachlosigkeit der Unsterblichkeit”: Welt und Geschichte bei Hannah Arendt...Dorothea von Mücke (Columbia University)
15:15 Uhr: Kaffeepause
15:45 Uhr: Zwischen ‚Factual Truth‘ und ‚Image-Making‘ – zur Rolle der Öffentlichkeit für die Politik...Johannes F. Lehmann (Universität Bonn)
16:45 Uhr: Resistance als Utopie. Hannah Arendts Versuch einer Bestimmung von Denken und Handeln jenseits der Krise...Grit Schorch (Van Leer Jerusalem Institute)
17:45 Uhr: Pause
18:00 Uhr: Zwischen Vergangenheit und Zukunft: Natalität, Erziehung und Welt im Denken Hannah Arendts...Karin Neuburger Twito (Karl-Franzens-Universität Graz und Hebräische Universität Jerusalem)
19:00 Uhr: Abschließendes Gespräch
Informationen:
Dr.in Karin Neuburger Twito, karin.neuburger-twito(at)uni-graz.at
Mag.a Beate Konecky, office.cjs(at)uni-graz.at